Interessante Einblicke in die Chemie der Goldschmiede

 
Stardust
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Re: Interessante Einblicke in die Chemie der Goldschmiede

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Gepostet: 27.12.2015 - 11:01 Uhr  ·  #17
Ich habe mich mal in Praxis und Theorie recht intensiv mit der Kupfersulfatzelle beschäftigt, wobei ich viel verstehen gelernt habe, was so nicht in Schulbüchern steht.

@Heinrich
Also alles, was höher in der Spannungreihe als Kupfer liegt, also edler ist und nicht im Sulfatmedium lösliche Salze bildet, bleibt als Anodenschlamm liegen. Das sind Au, Pt, Pd, Ir, Rh.

Silber bildet mäßig lösliches Silbersulfat, liegt hier also teilweise in Ionform vor und wird schnell zu winzigen, glitzernden Metallkristallen reduziert, die im Elektrolyten umherschwimmen bis sie sich im Absetzbecken durch geringere Strömung absetzen.

Alles, was elektronegativer ist als Kupfer, also Ni, Fe, Zn, Sn, Pb, Cd, wird in den Elektrolyten gelöst (oder bildet unlösliche Verbindungen (zB PbSO4), die das Anodengold verunreinigen). Dabei sinkt der Kupfergehalt im Elektrolyten bis keine Kupferionen mehr zur Kathode transportiert werden können - der Elektrolyt wird "foul".

Das Projekt m.E. ist daraufhin ausgelegt, dass man ständig Elektrolyt nachkaufen muss.

Außerdem muss man die Zelle ständig im Auge behalten und ggf. eingreifen. Es ist keinesfalls weniger Arbeit als herkömmliche Methode: mit Silber auf 25-33% Au legieren, in Wasser gießen, durch HNO3 scheiden, Au in aqua regia lösen (bei gutem Arbeiten bracht man nicht abrauchen, weil man nur soviel HNO3 zugibt, wie verbraucht wird) und mit SO2 oder Sulfit fällen, intensiv waschen (dies nur zur Information, - das ist keine Anleitung, denn es gibt sehr viel zu beachten und zu wissen)

@Tilo

Zitat
ob 972 oder 992
das übersteigt meine Fähigkeiten


Da brauchst du dich nicht schlecht fühlen, denn es ist schlicht unmöglich auf, wie sie in den FAQs angeben, auf 5 o/oo so zu testen:

Touching preciousmetals

"Under optimum condi-
tions, an experienced assayer can detect differences in
fineness of 10 to 20 parts per thousand. "


Optimale Bedingungen hat man in der Praxis nie und mit "erfahren" meint er Leute, die das seit Jahren täglich unter besten Bedingungen machen.
Tilo
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Re: Interessante Einblicke in die Chemie der Goldschmiede

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Gepostet: 27.12.2015 - 11:10 Uhr  ·  #18
keine Sorge, ich hab mich deshalb nicht schlecht gefühlt
war doch nur ironisch formuliert, denn das geht nunmal weder in der Genauigkeit, noch überhaupt in der Feingehaltshöhe
Stardust
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Re: Interessante Einblicke in die Chemie der Goldschmiede

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Gepostet: 27.12.2015 - 13:40 Uhr  ·  #19
Heinrich Butschal
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Re: Interessante Einblicke in die Chemie der Goldschmiede

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Gepostet: 27.12.2015 - 14:21 Uhr  ·  #20
Stardust
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Re: Interessante Einblicke in die Chemie der Goldschmiede

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Gepostet: 27.12.2015 - 16:18 Uhr  ·  #21
@Heinrich
Ne, die fangen mit Kupfersulfat in destilliertem Wasser an. An die Konzentration müsstest du dich herantasten, aber der Farbe nach denke ich, dass es so bei 10 Gew.% liegt, wobei die großen Anlagen wohl eher so grob überlschlagen mit 20% arbeiten. Auch die Spannung müsstest du ausprobieren. Je weniger, desto besser, bei vllt. 1,6-2V anfangen und dann nur soweit hoch gehen, dass es gut läuft.

Als leveling agent wird industriell Knochenleim verwendet ~0,1g pro 1kg gewonnenem Kathodenkupfer, also nur Spuren.

Als grain-refining agents werden industriell Thiourea ~0,05g pro 1kg gewonnenem Kathodenkupfer (hast du in Form von Silberbad vermutlich liegen) und ~10mg HCl oder ~20mg NaCl (Kochsalz) verwendet.

Die Temperatur liegt bei industriellen Anlagen eher so bei 60°. Wobei der Elektrolyt sich von alleine erwärmt, ist also durch thermische Isolierung und Abdeckung zu beeinflussen.

Vorsicht vor Aerosolen, die sich durch die zerplatzenden Wasserstoffbläschen bilden. Die Spannung kann so gewählt werden, dass sich möglichst wenig Wasserstoff bildet und sowas wird in gut gelüfteter Umgebung gemacht - keine Verbindung zu Wohnräumen und kein teures Werkzeug in der Nähe (könnte rosten).

Bei den Mengen stütze ich mich auf:

Extractive Metallurgy of Copper, Chapter 16 Electrolyticrefining (in google books mit den Suchworten "electrolytic refining" tim robinson zu finden

Hier findest du auch alle Einzelheiten beschrieben, die Einfluss auf das gute Funktionieren eine Kupferraffinationszelle haben.

Als Goldschmied weißt du natürlich, dass der Schwermetallabfall korrekt entsorgt werden muss, aber da auch andere dieses lesen: Der verbrauchte Elektrolyt ist sehr giftig und darf nicht weggeschüttet werden. Vorher abklären, wo man ihn loswird und was es kostet! wenn man denn Versuche hiermit machen will...

Mein Disclaimer nochmal: Das hier ist in keinster Weise eine Anleitung und dient nur theoretischen Überlegungen ohne Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit. Es obliegt dem Leser selbst sich mit Vorschriften, Auflagen und Gesetzen auseinanderzusetzen.
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